Bedeutung von Karst und Höhlen

Blick über den Tannenstockkarst zu den Berner Hochalpen.
Blick über den Tannenstockkarst zu den Berner Hochalpen.

Der Kanton Obwalden verfügt über ausgedehnte Karst- und Höhlengebiete (grosses Melchtal, kleines Melchtal, Pilatus, Brünig, Giswilerstöcke, Engelberg). Sie prägen das Landschaftsbild und beeinflussen die hydrologischen Verhältnisse (unterirdische Entwässerung) massgeblich und haben als biologische Rückzugsgebiete eine wichtige Funktion. Sie sind unersetzliche und zugleich hochsensible naturkundliche, aber auch kulturgeschichtliche Archive.

Fakten

In den naturkundlichen und wissenschaftlichen Bereichen spielt die Höhlenwelt Obwaldens gleichermassen eine wichtige Rolle

  • Schon die Chronik der Schweizer Höhlenforschung hat ihren Ursprung in Obwalden: Conrad Gesner (1516 – 1565) beschrieb im Jahr 1555 die Mondmilch der Mondhöhle (heutiges Mondmilchloch) am Pilatus.
  • Vom Mondmilchloch am Pilatus stammen die ältesten Höhlenpläne der Schweiz. Es sind historische Dokumente von besonderer Aussagekraft.
  • Der Kanton Obwalden verfügt über mehrere Karstgebiete (Kalk und Gips), die im Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung bzw. dem Gewässerschutz bedeutend sind. Die meisten dieser Karstgebiete sind erst ansatzweise erforscht.
  • Die Karstregion «hinteres Melchtal» (Stöckalp bis Graustock) ist nach dem Hölloch SZ und dem Sieben-Hengste-Hohgant-Gebiet BE zur drittwichtigsten Karst- und Höhlenregion der Schweiz geworden.  Die Schrattenhöhle gehört mit 20 km und die Bettenhöhle sogar mit 30 km Gesamtlänge zur Topten der längsten Höhlen der Schweiz.
  • Höhlen der Gemeinden Kerns, Sachseln, Giswil, Lungern, Alpnach und Engelbeerg beherbergen allesamt Karst- und Höhlenschönheiten und naturkundliche Raritäten, die gegenüber menschlichen Einflüssen ausgesprochen sensibel sind.
  • Für die Wissenschaft aus verschiedenen Disziplinen wie Geologie (Quartärforschung), Hydrologie, Glaziologie, Klimatologie/Meteorologie, Biologie, Archäozoologie/Paläontologie und Archäologie (mittelalterliche Alpforschung) sind die Höhlen Obwaldens zu einem unersetzlichen Fundus geworden.
  • Die Höhlen sind schon vor langer Zeit durch den Menschen mit grösstem Respekt genutzt worden. Solche Spuren wie Mondmilchabbau (ein besonderes Höhlenmineral), Kühlkeller und Wasserkraftnutzung deckte die Höhlenforschung im Laufe der Jahre auf.
  • Die Karstgebiete der Melchsee-Frutt (Schrattenkarst, Tannenstockkarst und Graustockkarst) sowie östlich von Engelberg (Griessenkarst) gehören zu den Geotopen von nationaler Bedeutung.
  • Der Kanton Obwalden hat das Mondmilchloch am Pilatus und ein Karrenfeld auf der Melchsee-Frutt unter Naturschutz gestellt.
  • Die Tierknochenfunde aus Obwaldner Höhlen stellen mit Abstand die grösste Knochensammlung aus Schweizer Höhlen dar. Es sind Relikte von rund 2000 Individuen vieler verschiedener Tierarten, die einen Überblick über die heutige, aber auch vergangene Fauna des Kantons Obwaldens geben. Darunter befinden sich beispielsweise:
  • Knochen und Zahnfunde von verschiedenen Braunbären, eines davon ist 33000 Jahre alt. Es ist bislang der einzige inneralpine Nachweis aus dieser letzten Warmphase der Eiszeiten. Der Jahrtausende alte Fund ist deshalb für die Eiszeitforschung von unersetzlichem Wert.
  • Im Mondmilchloch am Pilatus konnten Knochen des ausgestorbenen Höhlenbären (Ursus spelaeus) entdeckt werden. Eine C14-Datierung ergab ein Alter von 43000 Jahren.
  • Tausende von Knochen als Gewöllreste eines über viele Generationen bewohnten Uhuhorstes widerspiegeln ein grosses Artenspektrum dieses durch die Besiedlung des Menschen verdrängten Nachtraubvogels (auch solche Beutetiere, die heute in der Umgebung längst nicht mehr vorkommen).
  • Nachweise von 8 verschiedenen Fledermausarten (die alle unter bundesrechtlichem Schutz stehen)
  • Funde von ausgestorbenen Tierrassen aus dem Mittelalter, die für die alpine Archäologie wichtige Hinweise über die frühere Alpnutzung durch den Menschen sind.