Jetzt ist es wissenschaftlich gesichert, was bereits im Winter 2009 entdeckt worden ist: Der Nachweis einer weltweit bislang unbekannten Tierart, die als echtes Höhlentier im Höhlengewässer der Riedschwandhöhle zuhinterst im Klein Melchtal (Gemeinde Lungern, Kt. Obwalden) isoliert lebt. Zu Ehren der Stiftung Naturerbe Karst und Höhlen Obwalden (NeKO) hat sie den Namen Dendrocoelum nekoum erhalten. Es handelt sich um einen Cave-Flatworm (Höhlen-Strudelwurm).
Die bislang unbekannte Tierart wurde von den Obwaldner Karst- und Höhlenforschern entdeckt und vom Spezialisten Ronald Sluys beschrieben und in der Revue Suisse de Zoologie (Flatworm_Riedschwand_Sluis_Juni12) publiziert. Nicht nur die Tierbergung erfolgte unter abenteuerlichen Bedingungen, auch das Ausfindigmachen des spezialisierten Biologen war eine Herausforderung. Ausgesprochen anspruchsvoll war zudem die fachgerechte Präparation direkt in der Höhle, damit das geborgene Individuum in bestem Zustand dem Spezialisten in die Niederlande übergeben werden konnte.

Ungeklärt ist die Frage, warum diese Tierart nach heutigem Kenntnisstand nur gerade in der Riedschwandhöhle vorkommt. Möglicherweise hängt dies mit den besonderen hydrologischen Verhältnissen zusammen. Ein Hauptwasserzubringer scheint aus dem Überlauf eines alpinen Sees zu stammen, von dem für Karstverhältnisse überdurchschnittlich viel biologisches Material eingeschwemmt wird. In der Höhle konnte mit Video festgehalten werden, wie der Cave-Flatworm als Raubtier an der Wasseroberfläche ein anderes Wassertier fängt und «frisst». Dieses Lebewesen hat keine Augen. Die Beute spürt es durch spezielle Geruchsorgane auf, umhüllt sie mit zähem Schleim der sogenannten Rhabditen und lösst es schliesslich mit einem Verdauungssekret auf . Der Cave-Flatworm Dendrocoelum nekoum ist schneeweiss bis durchsichtig, etwa 1,2 x 0,4 cm gross. Die Tiere sind Zwitter, wobei bei der Paarung jeder Partner als Männchen und als Weibchen tätig wird. Die Eier werden als Cocons abgelegt.
Besonders bemerkenswert ist, dass sich der Flatworm vollständig regenerieren kann, auch wenn er vielfach zerteilt wird (in der Literatur ist bis zu 1000-facher Teilung die Rede). Er ist deshalb für die Wissenschaft von besonderem Interesse.